Sebastian Kälin vom Team velo-reichmuth.ch liebt das Mountainbiken. Kürzlich hat er zusammen mit Stefan Rüegg am wohl härtesten Rennen der Welt teilgenommen. Treffen mit einer Epic-Legende.
Vom 16. - 23. März 2025 fand am Westkap in Südafrika das Absa Cape Epic Mountainrennen statt. Sebastian Kälin aus Schindellegi nahm mit seinem Kollegen Stefan Rüegg aus Einsiedlen am wohl härtesten Rennen für Mountainbiker teil. Während acht Tagen ging es über 700 Kilometer über Stock und Stein.
Hier das Zeitungsinterview mit Sebastian Kälin aus dem Höfner Volksblatt vom 16. Mai 2025 (Bericht von Michel Wassner).
Treffen mit einer Epic-Legende
Ich bin einfach gerne draussen
Alles begann dort, wo erfolgreiche Biografien, erreichte Ziele und noch unerfüllte Lebensträume aufeinandertreffen: auf einer Matura-Jubiläumsfeier. Sebastian Kälin erzählt: «Ein Kanti-Kollege und ich sind daraufgekommen, dass wir beide gerne Mountainbike fahren über längere Distanzen. So entstand die Idee, am Swiss Epic in Graubünden teilzunehmen.» Mutig. Kälin hatte davor noch kein solches Rennen bestritten, der Kollege bereits zehn oder zwölf. Also meldeten sie sich für das Swiss Epic an. «Ich entschied, davor noch ein paar andere Rennen zu machen. Eins ergab das andere und so kam ich in die Mountainbike-Marathons hinein.» Was ihn neben Können und Kondition für die extremen Herausforderungen qualifiziert: das Waldhorn. Wie das zusammenpasst? Kälin sagt ein Wort: «Disziplin».
Damit man auf dem Horn fit bleibe, müsse man regelmässig üben. Kälin weiss das. Er ist Schulleiter der Musikschule Wollerau. Um auf dem Mountainbike fit zu bleiben, müsse man regelmässig trainieren. So einfach ist das. Musik und Mountainbiken sind Kälins grosse Leidenschaft. Er lacht. «Mit dem Unterschied, dass ich mit der Musik Geld verdiene.»
Eher eine geführte Tour
Der 39- Jährige sieht sich als ambitionierten Amateur. «Beim Cape Epic in Südafrika ging es uns nicht um die Rangierung.» Die Idee am Cape Epic – das heisst: 608 Kilometer, acht Etappen, 16 500 Höhenmeter – teilzunehmen, stammte von Kälin. Kollege Stefan Rüegg sagte gleich zu. 5000 Dollar Startgeld, alles selbst finanziert, mit Ausnahme der Kleidung. Keine Sponsoren? «Für die Marathon-Mountain-bike- Formate in der Schweiz sind wir zu weit hinten rangiert. Wir kamen ins hintere Drittel der Gesamtwertung. Wir haben das Rennen in Südafrika nicht als Rennen gesehen, sondern als geführte Tour. Wir waren nicht rennmässig unterwegs, denn unser Ziel war es, einfach durchzukommen.» Einzig die letzte Etappe fuhren sie relativ zügig.
Hitze, Kälte, lange Etappen, jede Menge Höhenmeter. Wie hält man durch? «Das Ziel ist, dass man gar nie an den Punkt kommt, an dem man übers Abbrechen nachdenkt. Beim Blick auf die Etappe schauen wir immer von Verpflegungsposten zu Verpflegungsposten. » Die einzige Distanz, die zählt. Etappen zwischen 20 und 35 Kilometern. «Und das schafft man immer. »
Ein wenig Luxus im Matsch
Und dennoch gibt es sie, die Tiefpunkte. Kälin: «Bei der Königsetappe in Südafrika hatte ich eine Krise. Die ersten 30 Kilometer hatte ich keine Motivation zu fahren. Die zwei Tage davor waren so heiss. Und ich fragte mich: Wieso mache ich das?» Eine berechtigte Frage. Zumal die Fahrer wussten, dass tags darauf die eigentliche Königsetappe kommen würde, ein Tag mit mehr als 2000 Höhenmetern auf 80 Kilometer, mit grossen groben Schottersteinen. «Es ist praktisch kein Gratiskilometer dabei.» Hinzu kam starker Regen, die Trails: Matsch.
Was half: Die beiden gönnten sich einen Mechanikerservice und gebuchte Unterkünfte statt der klassischen Zelte. Eine eigene Physiotherapeutin war auch dabei. Wobei Kälin betont, wie es normalerweise läuft, wenn man diesen Komfort nicht hat. «Ganz viel Service können wir selber machen, 90 Prozent aller Defekte auf der Strecke beheben.»
Die Vielfalt machts aus
Seit er das Rennen in Südafrika absolviert hat, darf sich Kälin offiziell «Legende» nennen. «Man muss das Cape Epic machen und noch zwei andere aus dieser Serie. Dann hat man den Epic-Legende-Status.»
Zweimal hat er das Swiss Epic absolviert, und einmal das Pioneer in Neuseeland. Das Cape Epic fuhr er zweimal, beim ersten Anlauf aber nicht zu Ende.
Fragt man Kälin, was den Reiz an solchen extremen Rennen ausmacht, sagt er: «Ich bin einfach so gerne draussen. Und es ist die Unterschiedlichkeit der Landschaften, die mich fasziniert. Diese Vielfalt. Das, was wirklich den Reiz ausmacht bei diesen Distanzen: Man merkt, wie viel geht. Das Eintagesrennen mit 4000 Höhenmetern, da weiss ich, das geht. Aber die mehrtägigen Wettbewerbe, die sind einfach ganz neue Dimensionen.» Klar, sei es auch ein bisschen der Mythos vom Cape Epic, der einen verleitet, sich anzumelden. Oder wie Kälin sagt: «Es ist ja schon etwas vom Gröbsten in der Mountainbikewelt.»
Noch viele Kilometer geplant
Outdoor-Sportarten haben es Sebastian Kälin angetan. Mountainbike, Wandern, Langlaufen. Gym und Hallensport sind das Seine nicht. Er fährt gerne alleine, aber auch zu zweit oder in der Gruppe. «Es kommt drauf an. Wenn ich Intervalltraining mache, bin ich sehr gerne allein, meistens in Galgenen, die Ruechweid hinauf.» Vier Intervalle à zehn Minuten. Danach fährt er auch gerne mal etwas lockerer mit seiner Frau weiter.
Und in Zukunft? «Diesen Sommer gibt es wahrscheinlich das eine oder andere Eintagesrennen, die Bike Marathon Classics.» Mit der Frau geht es im Sommer nach Schottland. Auch dort wird Velo gefahren – je nach Wetter. Dann würde er vielleicht noch die Eiger Bike Challenge Grindelwald machen und den Nationalpark Bike-Marathon. Diese Rennen macht der Höfner fast jedes Jahr.
Das nächste grössere Projekt ist vermutlich im nächsten Jahr Kroatien. «Das ist ein Fünf-Tage-Rennen, das 4-Islands Croatia – auch ein Teil der Epic-Serie.» Verbirgt sich dahinter etwa eine Bucket-List? Kälin lacht.
Foto: Sebi (im Vordergrund) unterwegs mit Steve über Stock und Stein am Absa Cape Epic in Südafrika